Deutschland ist ein wohlhabendes Land – aber ein ungleiches

Wirtschaftsweise Achim Truger Ungleichgewicht im Wohlstand

Warum die Macht großer Vermögen zur Systemfrage wird.

Deutschland ist ein wohlhabendes Land – aber ein ungleiches. Das neue Gutachten der Wirtschaftsweisen zeigt, dass sich der Reichtum zunehmend auf wenige Schultern konzentriert. Rund die Hälfte der Bevölkerung verfügt über kein oder nur sehr geringes Vermögen, während ein kleiner Teil über Kapital, Immobilien und Unternehmensanteile in Milliardenhöhe verfügt. Für Wirtschaftsweise Achim Truger ist das nicht nur ein soziales, sondern ein strukturelles Problem: Wenn Vermögen zu stark konzentriert ist, leidet die wirtschaftliche Dynamik.


Reichtum in Zahlen – und in Wirkung

Die Ungleichverteilung von Vermögen hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten kaum verringert.

Nach Schätzungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) besitzen die reichsten zehn Prozent über 60 Prozent des gesamten Vermögens, die ärmere Hälfte hingegen kaum mehr als zwei Prozent.

Diese Konzentration hat reale Folgen:

  • Investitionsmacht: Große Vermögen entscheiden, wohin Kapital fließt – oft in Finanzmärkte statt in reale Wertschöpfung.
  • Marktmacht: Familienunternehmen und Stiftungen prägen ganze Branchen und Regionen.
  • Einfluss: Vermögen verschafft Zugang zu Politik, Öffentlichkeit und Kultur.

Truger warnt, dass wirtschaftliche Macht ohne Ausgleich demokratische Prozesse beeinflussen kann.


Erben als neues Gerechtigkeitsthema

Zentraler Punkt im Gutachten ist die steuerliche Behandlung großer Erbschaften. Deutschland erhebt im internationalen Vergleich moderate Erbschaftssteuern – vor allem für Unternehmensvermögen. Diese Regelung sollte ursprünglich Arbeitsplätze sichern, führt aber zunehmend dazu, dass große Familienvermögen über Generationen kaum belastet werden.

Truger plädiert für eine Reform, die zwei Ziele verbindet:

  • Erhalt von Betrieben durch gestaffelte Freibeträge und Stundungsmodelle.
  • Begrenzung dynastischer Vermögen durch höhere Steuersätze bei extremen Erbschaften.

Die Botschaft: Vermögensweitergabe darf nicht zur dauerhaften Machtkonzentration führen.


Wachstum braucht Verteilung

Eine Begrenzung der Macht großer Vermögen ist keine Strafe für Reichtum, sondern eine Investition in gesellschaftliche Stabilität."

Ökonomen betonen zunehmend, dass zu große Ungleichheit nicht nur soziale, sondern wirtschaftliche Risiken schafft.

  • Konsumkraft sinkt, wenn breitere Schichten kaum Vermögen bilden.
  • Innovation leidet, wenn Kapital in Erhalt statt in Risiko fließt.
  • Gesellschaftliche Akzeptanz von Marktwirtschaft erodiert, wenn Chancen als ungerecht empfunden werden.

Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Kapitalbesitz und Teilhabe gilt daher als Voraussetzung nachhaltigen Wachstums.


Der politische Spielraum

Steuerpolitisch ist die Debatte heikel. Eine substanzielle Reform erfordert Mehrheiten, die derzeit kaum absehbar sind. Dennoch wächst der Druck, die fiskalische Basis zu verbreitern – auch im Hinblick auf hohe Staatsverschuldung, Infrastrukturinvestitionen und Sozialausgaben.

Die Wirtschaftsweisen setzen damit ein Signal: Verteilung ist kein Randthema, sondern Teil der Stabilitätspolitik. In einer alternden Gesellschaft entscheidet nicht nur Produktivität über Wohlstand, sondern auch die Frage, wie Kapital zirkuliert.


Fazit

Das neue Gutachten der Wirtschaftsweisen macht deutlich: Wirtschaftliche Stärke allein reicht nicht, wenn Wohlstand sich verfestigt. Deutschland steht vor der Aufgabe, Leistung, Eigentum und Gerechtigkeit neu auszubalancieren – ohne die Grundlage von Unternehmertum zu gefährden.

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