Als geistiger Vater von Helikoptergeld gilt der amerikanische Nobelpreisträger Milton Friedman

Neue Begriffe erobern die Welt Was ist Helikoptergeld?

In Grimms Märchen von den Sterntalern regnet es für ein armes Waisenkind Silbergeld vom Himmel. Ein wenig erinnert das, was derzeit unter dem Stichwort "Helikoptergeld" diskutiert wird, an diese Geschichte. Und spinnt man die EZB-Geldpolitik fort, ist der Tag vielleicht nicht fern, an dem Märchen wahr werden.

Als geistiger Vater von Helikoptergeld gilt der amerikanische Nobelpreisträger Milton Friedman. Der hatte zur Erläuterung der Wirkungen von Geldpolitik das Bild des Hubschraubers gewählt, aus dem Geld abgeworfen wird. Der frühere Chef der US-Notenbank Fed entwickelte dieses Gedankenspiel zu einem geldpolitischen Konzept weiter. Um die Jahrtausendwende beschäftigte er sich in einer vieldiskutierten Analyse damit, ob Helikoptergeld eine Möglichkeit für Japan sei, aus der Deflationsspirale auszubrechen. Unter Bernankes Ägide fällt auch die bisher einzig praktische Umsetzung. Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise lieh sich die US-Regierung 100 Milliarden Dollar von der Fed, um sie als Steuerrückerstattung direkt unter die Leute zu bringen.

Das letzte Mittel der EZB? 

Warum liefert das Helikoptergeld derzeit vermehrt Schlagzeilen? Es ist die offenkundige Wirkungslosigkeit der bisherigen Geldpolitik von Mario Draghi. Trotz massiver Anleiheaufkäufe, mehrfacher Leitzinssenkungen und Strafzinsen ist der erhoffte konjunkturelle Effekt für die europäische Wirtschaft ausgeblieben. Mit den jüngsten geldpolitischen Maßnahmen hat die EZB ihr konventionelles Instrumentarium de facto ausgereizt. Sollte auch diese letzte massive Geldspritze ihre Wirkung verfehlen, wäre Unkonventionelles gefragt - eben Helikoptergeld. Damit würde die Zentralbank das Geld letztlich direkt in Umlauf bringen und auf den üblichen Umweg über das Finanzsystem verzichten. 

Wie könnte das funktionieren? Es gibt dafür grundsätzlich drei Möglichkeiten: 

  1. Die EZB ermöglicht den Euro-Staaten Steuergeschenke an ihre Bürger, die diese für mehr Konsum nutzen könnten. Es wäre die Nachahmung des US-Vorbildes. Inwieweit die Steuerzahler tatsächlich mehr Geld ausgeben würden, hinge vermutlich davon ab, wie sicher man davon ausgehen könnte, dass der Fiskus das Geschenk nicht später wieder über höhere Steuern zurückfordert. 
  2. Die EZB überweist den Bürgern direkt Geld aufs Konto, das innerhalb einer bestimmten Frist ausgegeben werden müsste, um nicht zu verfallen. Dadurch würden die "Beschenkten" de facto zum Geldausgeben gezwungen. 
  3. Die EZB stellt das Geld den Euro-Staaten gegen zinslose, ewig laufende Anleihen zur Verfügung. Die Staaten würden das Geld dann für Investitionen und andere Ausgaben nutzen, wodurch die Wirtschaft ebenfalls angekurbelt würde. 

Ein interessantes Konzept 

Bisher gibt es keine konkreten Pläne für Helikoptergeld im Euro-Raum. Immerhin hat Mario Draghi es als "interessantes Konzept" bezeichnet, was Spekulationen nährte. Die Umsetzung wäre eine Grenzüberschreitung - nicht die erste in der Amtszeit des EZB-Chefs.

 

Autor: Holger B. Nentwig

 

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