Flossbachs unkonventionelle Antwort Zollstrategie mit Köpfchen
Die Ankündigung neuer US-Zölle durch Donald Trump sorgt international einmal mehr für Verunsicherung. Mit dem erklärten Ziel, „faire“ Handelsbeziehungen durchzusetzen, stellt der frühere und erneut amtierende US-Präsident das bislang geltende Prinzip des freien Welthandels infrage. Seine Idee sogenannter „reziproker Zölle“, also gleicher Zollhöhen auf Gegenseite, ist nicht nur ein direkter Angriff auf multilaterale Handelsabkommen, sondern auch eine Provokation gegenüber langjährigen Partnern wie der Europäischen Union.
Die erste Reaktion vieler Beobachter ist klar: Gegenzölle, Sanktionen, wirtschaftlicher Gegendruck. Doch Fondsmanager Bert Flossbach, Mitgründer der Vermögensverwaltung Flossbach von Storch, schlägt in seinem aktuellen Kapitalmarktbericht einen überraschend anderen Weg vor – einen, der sich auf dem Papier fast kontraintuitiv liest, aber strategische Eleganz besitzt: Statt Zölle zu erheben, soll Europa sie auf US-Waren komplett abschaffen.
„Ein genialer Schachzug“: Die Idee im Kern
Flossbachs Vorschlag ist ebenso radikal wie einfach: Importzölle auf amerikanische Waren einfach komplett auf null setzen. In seinen Worten wäre das nicht nur ein „optischer Erfolg“ für Donald Trump, sondern auch eine kluge Finte – mit minimalem finanziellem Schaden für die EU und potenziell erheblichem strategischem Vorteil.
Denn: Die Zolleinnahmen der EU auf US-Importe betragen nur rund sechs Milliarden Euro jährlich – eine überschaubare Summe gemessen am Gesamtvolumen des Haushalts oder der wirtschaftlichen Bedeutung des transatlantischen Handels. Indem man Trump vermeintlich „entgegenkommt“, könnte man ihm die argumentative Basis für weitere Eskalationen entziehen.
Was auf den ersten Blick wie ein Akt der Nachgiebigkeit wirkt, ist bei genauerem Hinsehen ein geopolitisch durchdachter Konter – denn man nimmt dem populistischen Narrativ vom unfairen Handel die Luft. Gleichzeitig positioniert sich die EU als Vorbild eines offenen, regelbasierten Welthandels und lässt Trump mit seiner protektionistischen Rhetorik isoliert dastehen.
Warum der Verzicht auf Zölle strategisch klug sein könnte
box
Der Ansatz Flossbachs ist wirtschaftsliberal geprägt und in gewisser Weise eine Rückbesinnung auf die Kernprinzipien der Globalisierung: offener Austausch, Wettbewerbsvorteile durch Marktmechanismen, und eine Abkehr von Abschottung. In der gegenwärtigen Debatte um nationale Abschirmung und wirtschaftliche Selbstbehauptung mag das aus der Zeit gefallen wirken – doch genau darin liegt seine politische Sprengkraft.
Mögliche Vorteile im Überblick:
- Signale für die Märkte: Ein solcher Schritt könnte Vertrauen an den Finanzmärkten schaffen – gerade in unsicheren Zeiten, in denen Handelskonflikte als Belastungsfaktor wirken.
- Stärkung der Verbraucher: Günstigere US-Importe könnten den Konsum beleben und die Inflation dämpfen – ein durchaus willkommener Nebeneffekt.
- Imagegewinn: Die EU könnte sich international als rationale, handelsfreundliche Kraft positionieren – im Gegensatz zur konfrontativen Linie Washingtons.
- Innereuropäische Geschlossenheit: Ein klarer, mutiger Kurs kann helfen, divergierende Interessen innerhalb der EU zu bündeln.
Zudem wäre der Schritt ökonomisch leicht zu verkraften. Die USA sind zwar ein bedeutender Handelspartner, doch der Großteil der europäischen Zolleinnahmen stammt aus dem Warenverkehr mit anderen Regionen – insbesondere aus Asien.
Ein Vorschlag gegen die Logik der Eskalation
In einer Welt, in der der Ton rauer wird, könnte eine solche Geste die Debatte verändern – von Konfrontation zu Konzept, von Zollkrieg zu globaler Verantwortung. Und vielleicht liegt gerade in dieser Unerwartbarkeit der eigentliche Charme des „genialen Schachzugs“."
Flossbachs Idee widerspricht bewusst der verbreiteten politischen Logik von Reaktion und Repression. Statt auf ein Spiel aus Drohung und Vergeltung zu setzen, will er mit einem symbolträchtigen Zug die Eskalationsspirale durchbrechen. Sein Vorschlag ist nicht nur ökonomisch motiviert, sondern folgt auch einer gewissen moralischen Idee: Wer Handel betreibt, sollte die Brücken nicht einreißen, sondern offenhalten.
Es geht dabei weniger um kurzfristige Vorteile, sondern um Langfriststrategien in einer zunehmend fragmentierten Weltwirtschaft. Denn mit jedem neuen Zoll, mit jeder weiteren protektionistischen Maßnahme wird die internationale Arbeitsteilung geschwächt – und mit ihr das Fundament der wirtschaftlichen Stärke Europas.
Aber ist der Vorschlag realistisch?
So visionär Flossbachs Idee ist, so fraglich bleibt ihre politische Umsetzbarkeit. Innerhalb der EU sind Zollentscheidungen einheitlich zu treffen, die Mitgliedsstaaten müssten zustimmen. Und angesichts innenpolitischer Spannungen, nationaler Interessen und der Forderung nach „harter Kante“ gegenüber den USA dürfte es schwer sein, für eine solche Strategie Mehrheiten zu finden.
Zudem könnten einzelne Branchen – etwa die Landwirtschaft oder Teile der Industrie – unter dem Wegfall von Zöllen leiden, weil sie auf einen gewissen Importschutz angewiesen sind. Politisch wäre es also ein mutiger, aber auch riskanter Schritt.
Und nicht zuletzt bleibt die Frage offen, ob Trump sich durch eine solche Geste überhaupt besänftigen ließe – oder ob er sie als Bestätigung seiner aggressiven Taktik fehlinterpretiert und weiter Druck macht.
Fazit: Ein ökonomischer Bluff mit politischer Eleganz
Bert Flossbachs Vorschlag ist mehr als eine wirtschaftspolitische Randnotiz. Er ist ein kreativer Denkansatz in einer Zeit, in der handelspolitische Auseinandersetzungen zunehmend von Emotionen statt von ökonomischer Vernunft gesteuert werden.
Indem er auf die Logik des Marktes und nicht der Macht setzt, gibt er der EU ein Werkzeug an die Hand, das Stärke durch Selbstbeherrschung zeigt. Ob ein solcher Zug politisch durchsetzbar ist, bleibt offen. Doch er zeigt: Europa muss nicht zwangsläufig spiegeln, was Trump vorgibt – es kann auch überraschen.

Ich repariere Versicherungsverträge und Finanzdienstleistungen!