Nun soll der Privatkunde helfen Goldman Sachs wird bürgerlich
Goldman Sachs gilt als der Prototyp des Investmentbanking schlechthin. Bereits seit 147 Jahren ist das Institut in diesem Bereich aktiv und hat sich dabei einen - nicht immer guten - Ruf erworben. Jetzt deutet sich eine bemerkenswerte Kehrtwende an. Das Geldhaus steigt in das bisher verpönte Geschäft mit "normalen" Privatkunden ein.
Wollte man bis dato Goldman Sachs-Kunde werden, musste man schon einige Millionen Dollar mitbringen. Seit April ist das anders. Da hatte die Investmentbank vom Mischkonzern General Electric das Geschäft mit Sparkonten einschließlich der dazugehörigen Einlagen übernommen - ein Volumen von rund 16 Milliarden Dollar. Hier kann jeder Kunde werden, denn eine Mindesteinlage ist nicht vorgesehen.
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Klassisches Investmentbanking verliert Perspektiven
Seit einigen Tagen ist Goldman Sachs nun auch mit der Kreditplattform "Marcus" am Start. Sie ermöglicht Kredite bis zu 30.000 Dollar. Die Bank wirbt dabei aktiv um neue Kunden. Sie soll schon mehrere Millionen Einladungsbriefe mit Zugangscodes an Personen verschickt haben, die aus Datenbanken als kreditwürdig identifiziert wurden. Die Kundengelder aus der Übernahme des Spareinlagen-Geschäfts von General Electric sollen dabei das Kreditgeschäft refinanzieren.
Mit dem Einstieg ins Privatkundengeschäft baut sich Goldman Sachs eine neue Ertragssäule auf. Denn nach der Finanzkrise ist das traditionelle Investmentbanking schwieriger geworden. Die Regulatorik wurde deutlich verschärft und manche Transaktion, die früher erlaubt war, ist heute nicht mehr zulässig. Dennoch hat die Bank bis zuletzt in diesem Bereich sehr gut verdient. Im letzten Quartal stieg der Gewinn um 47 Prozent auf 2,1 Mrd. Dollar. Doch perspektivisch wird das Investmentbanking offenbar als nicht mehr so aussichtsreich eingestuft. Neue Ertragsquellen sind daher gefragt.
Nach der Finanzkrise ist das traditionelle Investmentbanking schwieriger geworden."
Privatkundengeschäft lohnt sich im digitalen Zeitalter
Im digitalen Privatkundengeschäft sieht man noch erhebliche Potentiale. Das neue Einlagen- und Kreditgeschäft von Goldman Sachs funktioniert ausschließlich online. Das ermöglicht schlanke Prozesse, benötigt wenig Personal und man kann auf ein teures Filialnetz verzichten. Unter diesen Rahmenbedingungen rechnen sich auch "Peanuts"-Beträge. Die Beratungs-Experten von PwC prophezeien diesem Geschäftsmodell sogar eine "strahlende Zukunft". Die Investmentbank besitzt dabei - im Unterschied zu den auch in den USA zahlreich sprießenden Fintechs - den Vorteil, eine Banklizenz zu besitzen und damit Zugang zu billigem Zentralbank-Geld. Das macht es möglich, attraktive Konditionen zu bieten.
Goldman Sachs ist nicht einmal die einzige Investmentbank, die sich ein Stück weit vom hergebrachten Geschäftsmodell verabschiedet. Vorgemacht hat es schon Konkurrent JP Morgan, wo man allerdings stärker auf Filialen setzt. Häusern wie der Deutsche Bank, die derzeit dabei sind, sich wieder vom "Kleinkunden" zu verabschieden, sollte diese Kehrtwende zu denken geben.