Den Ernstfall einkalkulieren Lebensversicherung nicht mehr sicher
Jahrzehntelang galt die Lebensversicherung als mindestens so sicher wie Einlagen bei der Bank oder erstklassige Staatsanleihen. Doch in Zeiten dauerhafter Niedrigzinsen und dahinschmelzender Überschüsse sind die Zweifel an den Leistungsversprechen gewachsen. Wohl nicht ganz zu Unrecht, wie der Finanzexperte der Grünen-Bundestagsfraktion Gerhard Schick meint.
Tatsächlich macht die Zinssituation den Lebensversicherern zu schaffen. Die Erträge aus Kapitalanlagen sinken Jahr für Jahr, weil immer mehr hochverzinsliche Investments aus früheren Zeiten auslaufen. Demgegenüber sind nach wie vor hohe Garantiezins-Versprechen aus der Vergangenheit zu erfüllen. Der gesetzliche Garantiezins wurde zwar inzwischen mehrfach abgesenkt und mancher Anbieter hat sich sogar ganz von der "klassischen" Lebensversicherung verabschiedet. Doch Entlastungs-Effekte betreffen immer nur das Neugeschäft. Das im August 2014 verabschiedete Lebensversicherungsreformgesetz konnte lediglich partielle Erleichterungen bringen. Viele Unternehmen sehen sich einem massiven wirtschaftlichen Druck ausgesetzt.
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Mehrstufiger Plan zum Insolvenzschutz
Zum Jahreswechsel sind mit dem neugefassten Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) geänderte Vorschriften in Kraft getreten, die einen zusätzlichen Schutzwall gegen Insolvenzrisiken aufbauen. Die Insolvenz und die Übertragung des Bestandes an die Protektor Lebensversicherung als Sicherungseinrichtung der Branche soll überhaupt nur die ultima ratio sein. Mit den auf den EU-Solvency II-Vorgaben basierenden Regelungen erhält die Versicherungsaufsicht erweiterte Kontroll- und Eingriffsmöglichkeiten bei angeschlagenen Versicherern. Danach soll im "Krisenfall" ein mehrstufiger Rettungsplan umgesetzt werden:
- der erste Schritt ist informell und besteht aus vertraulichen Gesprächen zwischen Versicherungsaufsicht und Unternehmen, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Dem Vernehmen nach soll es bereits solche Runden gegeben haben;
- wenn dies nicht weiterführt, wird in der ersten offiziellen Stufe ein Sanierungsplan eingefordert. In dem gemeinsam mit der BaFin zu erarbeitenden Konzept müssen Maßnahmen zur Eigenkapitalaufstockung und Verbesserung des Risikoprofils definiert werden;
- in der nächsten Eskalationsstufe werden vor allem die Eigentümer des Versicherers herangezogen. Sie müssen im Rahmen eines Finanzierungsplans auf Ausschüttungen verzichten und ggf. Kapital nachschießen;
- schließlich können auch Leistungskürzungen bei bestehenden Lebensversicherungen vorgenommen werden. Selbst Riester-Produkte wären wohl nicht verschont. Auf jeden Fall würden Kürzungen die Versicherungsnehmer unmittelbar betreffen.
Unklare Regelungen zu Lasten der Versicherten
Gesetzliche Widersprüche schaffen Rechtsunsicherheit."
Hier setzt die Kritik des grünen Bundestagsabgeordneten an. Gerhard Schick beklagt widersprüchliche Vorschriften bei der Beteiligung der Versicherten. Zum einen gebe es im VAG eine Regelung, wonach Verpflichtungen aus Lebensversicherungs-Verträgen maximal um fünf Prozent gekürzt werden dürfen. An anderer Stelle scheine das Gesetz aber sehr viel größere Kürzungsspielräume zu eröffnen. Der Abgeordnete vermutet dahinter keinen Zufall, sondern Absicht, um im Ernstfall "freie Hand" zu haben. Jedenfalls schaffe der gesetzliche Widerspruch Rechtsunsicherheit, was das Vertrauen in die Leistungsgarantien der Versicherer sicher nicht stärkt.
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