IW-Chef Hüther Lieber mehr Schulden machen
Jahrelang war die Schwarze Null das Mantra der deutschen Finanzpolitik. Kein Name steht dafür so wie der des ehemaligen Bundesfinanzministers Wolfgang Schäuble. Als Schuldenbremse fand die Schwarze Null - in modifizierter Form - sogar Eingang in das Grundgesetz.
Das ist gerade mal zehn Jahre her und seither sind die Steuereinnahmen üppig gesprudelt. Doch die Zeit überquellender Kassen geht unwiderruflich zu Ende. Die Konjunktur hat sich deutlich abgeschwächt, selbst eine echte Rezession wird nicht mehr ausgeschlossen. Gleichzeitig fordert der Klimaschutz neue Anstrengungen vom Staat, die auch viel Geld kosten werden. In dieser Lage plädiert inzwischen mancher für eine Abkehr von der Schwarzen Null - zum Beispiel IW-Chef Hüther.
Autorenbox (bitte nicht verändern)
Forderungen aus der SPD
Die Schuldenbremse sei nicht flexibel genug, um alle nötigen Investitionen im Bereich Infrastruktur, Klimaschutz und kommunaler Ausstattung zu bewältigen, so Hüther. Neue Schulden für die Ausweitung staatlicher Investitionen sind für den IW-Chef daher nicht länger tabu. Die Zeit ist dafür selten günstig. Denn dank negativer Zinsen verdient der Bundesfinanzminister inzwischen an jedem Euro, den er sich leiht - eine verkehrte Welt. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen bewegt sich momentan sogar unter dem EZB-Einlagezins.
Hüther steht mit seiner Ansicht nicht alleine da. Vor allem aus der SPD kommen derzeit vermehrt Stimmen, die die Schwarze Null gerne aufweichen wollen. So haben sich Karl Lauterbach und Michael Roth - zwei Kandidaten für den SPD-Vorsitz - entsprechend geäußert. Sie erhalten Widerspruch von Seiten der Union, aber auch aus den eigenen Reihen. SPD-Haushaltsexperte Johannes Kahrs sieht keinen Bedarf für neue Schulden. Im Energie- und Klimafonds sei schon viel Geld für mögliche Maßnahmen zum Klimaschutz eingestellt. Trotz dieser Schützenhilfe dürfte der Druck auf Bundesfinanzminister Scholz steigen, sich bezüglich neuer Schulden offener zu zeigen.
Die Zeit überquellender Kassen geht unwiderruflich zu Ende."
Schuldenbremse sieht schon Ausnahmen vor
Die Stunde der Wahrheit wird im Herbst kommen, wenn die Bundesregierung ihre Klimabeschlüsse fassen will. So unflexibel wie manche meinen ist die Schuldenbremse übrigens nicht. Die Schwarze Null gilt nur bezüglich sogenannter struktureller Haushaltsdefizite, der Bund darf davon sogar bis zur Höhe von 0,35 % des BIP abweichen.
Weitere Ausnahmen gelten zur Finanzierung von Konjunkturmaßnahmen, bei außergewöhnlichen Ereignissen (zum Beispiel im Fall einer neuen Finanzkrise) und Naturkatastrophen. Das dürfte haushaltspolitisch genügend Spielräume eröffnen.
Wertvoll gestalten. Nachhaltig handeln.