Hochfrequenzhandel in der Kritik Wenn Computer spekulieren
Der Hochfrequenzhandel ist eine Macht im Börsengeschäft. In den USA entfallen mittlerweile rund 60 Prozent der Börsentransaktionen auf dieses Segment, in Deutschland sind es immerhin 40 Prozent. Für die "normalen" Akteure an Börsen ist das nicht unbedingt von Vorteil.
Beim Hochfrequenzhandel geht es darum, auf Börsennachrichten innerhalb kürzester Zeit zu reagieren, noch ehe es der Markt als Ganzes tut, um dadurch zu profitieren. Dabei handelt es sich um Sekundenbruchteile, denn im Zeitalter des computerisierten Börsenhandels funktionieren auch allgemeine Marktreaktionen sehr schnell.
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Handel in Millisekunden
Hochfrequenzhändler arbeiten daher mit hochleistungsfähigen Rechnern und suchen die räumliche Nähe zu den Handelsplätzen. Denn schon die Länge der Kabelverbindung zu den Börsenrechnern beeinflusst die Datengeschwindigkeit und entscheidet über Erfolg oder Misserfolg. Der Faktor Mensch tritt dabei in den Hintergrund. Er steht für die Algorithmen und das System hinter dem Hochfrequenzhandel. Die Computer handeln dagegen eigenständig, das menschliche Reaktionsvermögen wäre hierfür viel zu langsam.
Befürworter des Hochfrequenzhandels sehen in dem Treiben der Computer eine Bereicherung. Es sorge dafür, dass der Markt hochliquide und funktionsfähig bleibe. Die Preise an den Börsen spiegelten dadurch besser das tatsächliche Verhältnis von Angebot und Nachfrage wieder. Zufallsbedingte Preisdifferenzen für einen einzelnen Titel an unterschiedlichen Börsenplätzen kann es im Hochfrequenzhandel nicht mehr geben, denn die Computer sorgen unmittelbar für einen Ausgleich.
Fragwürdiger Beitrag zum Handel
Dennoch mehrt sich die Kritik am Hochfrequenzhandel. Sie zielt vor allem auf zwei Punkte
- die Erhöhung der Kurs-Volatilität durch die Computer-Aktionen;
- manipulatives Verhalten zum Schaden anderer Börsenteilnehmer.
Dass die Hochfrequenzhändler tendenziell die Kursausschläge an den Börsen verstärkt haben, ist allgemeine Ansicht. Da die Rechner auf Handelssignale automatisch handeln, wird auf Kursveränderungen nach oben oder unten sofort mit entsprechenden Orders reagiert. Ein sich entwickelnder Kurstrend fällt dadurch noch sehr viel ausgeprägter aus.
Hochfrequenzhandel wird zunehmend fragwürdig. Strikte Aufsicht und Regulierung sind notwendig."
Ein Beispiel
Als Paradebeispiel für einen solchen Effekt gilt der Kurssturz an der Nasdaq im Mai 2010. Hier stürzte der Börsenindex nach einem (Fehl-)Signal binnen Minuten um 1.000 Punkte - wesentlicher Auslöser dafür waren die Rechner der Hochfrequenzhändler. Noch schwerer wirkt der Vorwurf systematischer Manipulation. Er zielt vor allem auf den sogenannten Flash-Handel, der auf Millisekunden-Informationsvorteilen vor den übrigen Marktteilnehmern beruht. Hochfrequenzhändler sollen sie dazu nutzen, um Kurse gezielt zum eigenen Nutzen in eine bestimmte Richtung zu treiben. Dem selben Zweck soll die Generierung einer Unmenge von fingierten Aufträgen dienen, die kurzzeitig die Rechner anderer Marktteilnehmer blockieren und deren Orders verzögern.
Der Beitrag des Hochfrequenzhandels zum Börsengeschehen erscheint dadurch zunehmend fragwürdig. Strikte Aufsicht und Regulierung sind notwendig.